Arzneikraft – Beispiel sekundäre Pflanzenstoffe
Was sind sekundäre Pflanzenstoffe?
Sekundäre Pflanzenstoffe sind bioaktive Verbindungen, die in Pflanzen vorkommen und nicht direkt am Wachstum oder der Fortpflanzung beteiligt sind, aber wichtige Schutzfunktionen übernehmen. Sie sind für die Pflanze essentiell zur Abwehr von Schädlingen, Krankheiten und UV-Strahlung sowie zur Anlockung von Bestäubern. Zu den wichtigsten Gruppen gehören Polyphenole, Alkaloide, Terpene und Flavonoide.
Polyphenole, wie sie in Früchten, Gemüse, Tee und Rotwein vorkommen, haben starke antioxidative Eigenschaften, die dazu beitragen können, oxidative Schäden in menschlichen Zellen zu reduzieren. Flavonoide, eine Untergruppe der Polyphenole, sind bekannt für ihre entzündungshemmenden und antiallergischen Effekte. Alkaloide, wie Koffein oder Nikotin, wirken stimulierend auf das Nervensystem und haben in niedrigen Dosen gesundheitsfördernde Eigenschaften.
Sekundäre Pflanzenstoffe tragen auch zur Prävention von chronischen Krankheiten bei. Sie können das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und neurodegenerative Erkrankungen senken, indem sie entzündungshemmende, antimikrobielle und immunmodulierende Wirkungen entfalten.
Eine ausgewogene Ernährung, reich an Obst, Gemüse, Nüssen und Vollkornprodukten, stellt sicher, dass eine Vielzahl dieser gesundheitsfördernden Substanzen aufgenommen wird. Die Forschung zu sekundären Pflanzenstoffen ist dynamisch und zeigt kontinuierlich neue potenzielle gesundheitliche Vorteile auf.
Hier ziehe ich die sekundäre Pflanzenstoffe als Beispiel für die Arzneikraft heran, wie Samuel Hahnemann sie beschreibt.
Sieh dir dazu unser neuestes Video aus der Organon Playlist an
Hahnemann schreibt im Organon der Heilkunst, 6. Auflage:
§ 20
Diese im innern Wesen der Arzneien verborgene, geistartige Kraft, Menschenbefinden umzuändern und daher Krankheiten zu heilen, ist an sich auf keine Weise mit bloßer Verstandes-Anstrengung erkennbar; bloß durch ihre Aeußerungen beim Einwirken auf das Befinden der Menschen, läßt sie sich in der Erfahrung, und zwar deutlich wahrnehmen.
Er bezieht sich hier ganz sicher auf die Kollegen seiner Zeit, die ohne richtig zu forschen den Arzneien Wirkungsmechanismen zuschrieben oder gar Signaturen der Arzneien zugrunde legten:
Eine rote Blüte oder eine rote Substanz hat nicht unbedingt Einfluss auf die Blutbeschaffenheit,
genauso wenig wie eine Arznei, die aus einer Taube hergestellt wurde, unbedingt für einen schüchternen, sanftmütigen Patienten passen muss.
Das wir heute sehr viel über sekundäre Pflanzenstoffe wissen, mehr als Hahnemann das zu seiner Zeit wissen konnte (und er wusste schon viel – siehe seine Anmerkungen in der Materia medica pura), scheint dazu im Gegensatz zu stehen.
Man könnte meinen, dass wir wenn wir z.B. etwas über Phenole wissen, mehr als nur die geistartige Wirkungskraft kennen.
Phenole sind in der Lage Proteine von Pathogenen zu hemmen, indem sie mit Aminosäuren reagieren – durch Bildung von H-Brücken und ionischen Bindungen.
Es gibt in der Gruppe der Phenole z.B. die Anthrachinone:
- Im Darm verhindern sie die Resorption von Natrium aus dem Darm, wirken also antiresorptiv, vermehren dabei gleichzeitig die Sekretion in den Darm.
- Sie werden erst im Darm aktiv, da sie erst dort aus ihrer Zuckerverbindung gelöst werden.
- Die Fressfeinde werden empfindlicher gegen das Sonnenlicht.
- Hypericin wird als Antidepressivum eingesetzt (wahrscheinlich auch weil es empfänglicher für die stimmungsaufhellende Wirkung der Sonne macht)
- Hypericin aktiviert Cytochrom P450 in der Leber und deshalb wirken einige Medikamente nicht mehr, weil der First pass Effekt erhöht wird.
- ein Flavonoid, welches durch seine antioxidative Wirkung unter anderem Gefäße kräftigt,
- aber eben auch ein Farbstoff zum Schutz gegen UV-Strahlung ist.
Nun aber die Fragen:
- Wissen wir denn wirklich alles darüber?
- Können wir uns erklären, warum eine Heilpflanze wie das Johanniskraut noch so viel mehr kann, als nur ihre einzelnen Bestandteile?
- Geht hier die Forschung, wie sie Hahnemann an gesunden Prüfern durchführte über das bekannte Wissen hinaus?
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Tag:organon